«Der Sprung ins kalte Wasser» ist nicht nur eine Redewendung, sondern einer der grossen Trends der jüngeren Zeit. Nüchtern betrachtet ist es aber nichts Neues für die Menschheit. In der Entwicklung zur modernen Gesellschaft kamen die warme Dusche und das erholsame Schaumbad erst nach dem kalten Waschen am Fluss oder am See.
Nichts Neues für die Entwicklung ist auch das Streben nach Selbstoptimierung. Neben Errungenschaften der Technik, werden zur Verbesserung von sich selbst auch immer gerne sehr ursprüngliche Elemente oder Techniken wie eben die Herausforderung Kältebad eingesetzt. Was nun wie sinnvoll ist, das sei an dieser Stelle nicht behandelt. Was aber auffällt ist, dass Medienberichte, Bilder auf sozialen Medien und die Alltagsgespräche über Biohacks immer wieder das Vergnügen im Wasser nahe, oder gar über, dem Nullpunkt aufgreifen. Vom Nullpunkt weg bewegen sollen sich durch das Wagnis in der Kälte die Lebensgeister und die Gesundheitswerte. Wie effektiv das Kaltbaden ist, kann mit wissenschaftlichen Studien (noch) nicht wirklich untermauert werden. Dennoch spricht einiges dafür, sich regelmässig der Herausforderung «Eiskalt» zu stellen. Weshalb dem so ist und was oftmals als Argumente geliefert werden, gibt es hier.
Immunsystem
Die kalten Bäder sollen die Abwehrkräfte aktivieren und uns vor dem Krankwerden schützen. Diese Überzeugung teilte die Menschheit schon im 19. Jahrhundert. Sebastian Kneipp, Entwickler der Kneipp Methode, war zu dieser Zeit von dieser Wirkung ebenfalls überzeugt. Der Geistliche machte populär, dass Heiss-Kalt-Wechselbäder und das Treten von kaltem Wasser die Gesundheit stützen. Es wurde gar als Therapie und Prävention für Tuberkulose eingesetzt.
Wissenschaftliche Belege für eine derart starke Heilwirkung sind nicht zu finden. Das Anregen der Blutzirkulation, um die Körperkerntemperatur zu halten, hat sicherlich eine wertvolle Wirkung für die Zellen des gesamten Körpers. Das Aktivieren von Herz, Muskeln und Nervensystem in sinnvollem Masse bringt immer Vorteile für Körper und Geist. Bei der Kältetherapie im Wasser kommt diese etwas anders zu Stande als beim 5000 Meter Lauf.
- Der Kältekick führt zu einer Ausschüttung von Adrenalin
- Adrenalin wirkt gefässverengend und entzündungshemmend
- Die Produktion von Leukozyten (weisse Blutkörperchen), die für die Abwehr von Bakterien und Viren zuständigen sind, wird gesteigert
- Durch regelmässige Kälte steigt der Anteil an braunem Fettgewebe. Dieses Fett ist der gesunde Anteil am Körperfett. Dadurch wird das Verhältnis zu ungesundem weissem Fettgewebe verbessert.
Mentale Fitness
Wenn du den blauen Wasserhahn unter der Dusche langsam aufdrehst, setzt du den Körper bewusst an Stress aus. Die Dosis ist kontrollierbar und die Stresstoleranz damit trainierbar. Viele die das regelmässig machen erzählen davon, dass sie damit ein Ritual gefunden haben, welches sie daran erinnert, was mit Disziplin und Willenskraft erreichbar ist. Ob du nun die Dusch kälter machst oder im kalten See badest, du kannst hier im geschützten Rahmen den Mut entwickeln, dich aktiv für eine Herausforderungen zu entscheiden. Du baust damit die Gewohnheit auf, auch unangenehme Situationen anzugehen und diese zu überwinden. Mit jedem erfolgreichen Sprung in die Kälte baust du ein bisschen mehr innere Stärke auf. Ein Extrembeispiel liefert hier der Entwickler der «Wim Hof Methode». Seine Story besagt, dass er mit den Eisbädern den Schmerz durch den Verlust seiner Frau verarbeiten konnte. Aus diesen Gründen empfehlen Ratgeber das Kaltbaden als Booster, um mit jeglicher Art von Stress — emotional, physisch, mental — besser umgehen zu können.
Schnellere Regeneration nach dem Sport
Nicht wegen mentalen Aspekten, sondern aus leistungsphysiologischer Sicht sind Eis und Kälte auch im Spitzensport immer beliebter geworden. Damit sind nicht die Kühlsprays zum kurzfristigen Einsatz bei Verletzungen gemeint, sondern die Eisbäder nach harten Trainings oder zehrenden Wettkämpfen. Im Gegensatz zur Theorie «Ich bin weniger Krank» oder «Ich bin im Kopf stark genug» gibt es hierzu wissenschaftliche Belege, welche die positiven Effekte von eiskaltem Wasser zur Reduktion von Symptomen der Muskelerschöpfung und von Muskelkater darlegen. Um von den Vorteilen der Kältetherapie zu profitieren, braucht es keine Badewanne gefüllt mit Eiswürfeln. Eine kalte Dusche nach der Aktivität reicht aus, um die Symptome eines Muskelkaters zu reduzieren und die Regeneration zu fördern.