Intensitätstechniken im Krafttraining

Der menschliche Körper reagiert auf Belastungen mit strukturellen oder funktionellen Anpassungen. Diese Anpassungsmechanismen finden statt, wenn sie in einer bestimmten Regelmässigkeit, Häufigkeit und Intensität geschehen. Sind die Belastungen immer gleich, stagnieren die Anpassungsmechanismen und der Körper hält das von ihm geforderte Niveau nur noch aufrecht. Nur bei neuen Reizen und Variationen findet eine weitere Anpassung statt. Je mehr Trainingsjahre eine Person hat, umso schwieriger wird es, immer wieder neue Reize zu setzen, um Fortschritte zu erzielen.

Fortschritte im Krafttraining erfordern immer wieder neue Kraftreize. Einsteiger können im Grunde trainieren was sie möchten und ihre Muskulatur wird erst einmal positiv darauf reagieren. Wer jedoch mehrere Trainingsmonate oder gar Jahre hinter sich hat, wird an einen Punkt kommen, an welchem kein Kraftzuwachs oder Muskelaufbau mehr stattfindet, da die Reize zu eintönig und dadurch unterschwellig geworden sind. Hier kommen Intensitätstechniken zum Einsatz. Sie setzen die Muskulatur einem ungewohnten, neuen und je nach Technik harten Belastungsreiz aus.


Was zählt zu Intensitätstechniken?

Als Intensitätstechniken werden Massnahmen bezeichnet, welche die Muskulatur über das normale Mass einer Trainingsmethode hinaus belasten. Zu den Basismethoden im Krafttraining gehören Kraftausdauer, Hypertrophie, Maximalkraft, Schnellkraft und Plyometrics. Die Zusatzbelastung im Vergleich zu den Basisvarianten wird durch Veränderungen verschiedener Paramater erzeugt. Dazu zählen Pausenzeiten zwischen den Sets/Wiederholungen, Aneinanderreihungen von Muskelgruppen, Veränderung des Bewegungstempos oder des Bewegungsumfangs. Je nach sportlichem Ziel sind unterschiedliche Variationen notwendig. So muss für mehr Schnelligkeit, nicht so wie beim Ziel Muskelaufbau, eine Variationsform gewählt werden, die das Muskelversagen provoziert. In den vorgestellten Intensitätsvarianten fokussieren wir uns auf das Muskelversagen und damit auf die Steigerung von Muskelmasse und Kraft.


Eine Angelegenheit für Fortgeschrittene

Einsteiger:innen sind bestens bedient mit den Basismethoden. Für sie gilt vorerst einmal die Qualität im Training zu steigern, Regelmässigkeit zu erlangen und im Training überhaupt einmal an eine genügend starke Ausreitzung zu kommen. Geht es im Training um Muskelaufbau, dann müssen Einsteiger erst einmal lernen, bis zum Muskelversagen zu trainieren. Damit hätten sie bereits die erste wichtige Intensitätstechnik gelernt, denn das komplette Muskelversagen an sich zählt bereits zu den Intensitätstechniken. Die hier vorgestellten Intensitätstechniken sind den fortgeschrittenen Sportler:innen vorbehalten. Das hat verschiedene Gründe:

  • Höhere Belastung für das zentrale Nervensystem
  • Stärkere Belstung für Gelenke und Sehnen
  • Verletzungsgefahr durch schlechte Bewegungsqualität steigt
  • Hohe Beanspruchung der Muskelzellen
  • Gefahr von Übertraining steigt

Die Voraussetzungen, um mit Intensitätstechniken zu arbeiten, sind eine solide Grundmuskulatur, qualitativ korrekte Ausführung der Übunge, gutes Körpergefühl und je nach Technik ein:e Trainingspartner:in, der/die im Zweifelsfall einschreiten kann!

Aufgrund der hohen Intensität für den aktiven und passiven Bewegungsapparat sowie das Nervensystem, sollten die Intensitätstechniken trotz ihrer Wirksamkeit nur sporadisch eingesetzt werden. Sie sind wie die Würze in der Küche: Nicht zu viel und nicht zu wenig. Sinnvoll eingesetzt können sie helfen, ein Plateau zu überwinden!


Chancen & Risiken von Intensitätstechniken

1. Supersätze

  • Agonist und Antagonist (Gegenspieler) immer im Wechsel trainieren
  • Hohe Belastung für den gesamten Kreislauf
  • Schaffe viele Übungen in kürzerer Zeit
  • Beispiel: Brust – Lat ; Bices – Triceps ; Bauch – Rücken

2. Muskelversagen

  • Letzte Wiederholung bis zum Muskelversagen
  • Vorsicht: v.a. grosse Übungen mit Trainingspartner:in durchführen
  • Beispiel: Kniebeugen und die letzten Wiederholungen mit Unterstützung

3. Intensitätspausen

  • Satz kurz vor dem Muskelversagen beenden. Machen sie 5 Sekunden Pause und dann noch einmal 1-3 Wiederholungen. Erneut 5 Sekunden Pause und danach nochmals die maximal mögliche Wiederholungszahl absolvieren.
  • Machen sie 2 zusätzliche Sätze. Das sollte für die maximale Ausreizung reichen.

4. Dropsätze

  • Satz bis zum Muskelversagen ausüben. Dann das Gewicht reduzieren und gleich wieder arbeiten bis zum Muskelversagen. Das Gewicht erneut reduzieren und wieder bis zum Muskelversagen arbeiten.
  • Machen sie 2-4 Dropsätze, so dass sie den Muskel komplett ausbrennen.

5. 21er Sätze

  • Eine Übung wird in 21 Wiederholungen aufgeteilt
    • 7 Wiederholungen im Bereich von 0-90 Grad
    • 7 Wiederholungen im Bereich von 90-180 Grad
    • 7 Wiederholungen gesamter Bewegungsumfang
  • Hier eignet sich am Besten eine Übung mit Umkehrpunkt wie Kniebeuge oder Bicepscurls

6. Riesensätze

  • Viele Sätze der gleichen Muskelgruppe aneinander Reihen
  • Keine Pause zwischen den Übungen
  • 3-4 Übungen pro Muskelgruppe
  • Beispiel: Latzug, Rudern, Reverse Flys

7. Vorermüdung

  • Für den Zielmuskel wird vor einer komplexeren Übung eine Isolationsübung gemacht
  • Vorteil: Die Synergisten werden nicht zum limitierenden Faktor für die Übung
  • Beispiel: Flys vor Bankdrücken, Seitheben vor Schulterdrücken

8. Superslow

  • Fokus auf „time under tension“
  • Wiederholungen werden super langsam durchgeführt
  • Dauer variiert zwischen 5 und 10 Sekunden
  • Vorteil: Tiefes Gewicht und sehr hohe Bewegungsqualität möglich
  • Beispiel: 5 Sekunden konzentrisch und 5 Sekunden exzentrisch

9. Exzentrisch

  • Der Fokus wird auf die exzentrische Bewegungsphase gelegt
  • Bei der konzentrischen Bewegungsphase so wenig Last wie möglich
  • Je nach Übungen und Muskelgruppe können ca. 40% mehr Gewicht bewältigt werden
  • Sehr hohe Intensität sowie Rekrutierung und Synchronisierung der Muskelfasern erreicht
  • Mit Trainingspartner:in durchführen
  • Beispiel: Leg Squats exzentrisch – 2 Leg Squats konzentrisch, Push Up Gewicht exzentrisch – Push Up auf Knien konzentrisch

10. Spitzenkontraktion

  • In der Endposition wird der Zielmuskel bewusst komplett angespannt
  • Ziel ist eine Anspannung von etwa 2 Sekunden am Bewegungsende

Autor: Niklaus Jud

Leave a Reply