Stress – Regulieren statt vermeiden (Teil 3)

Dass Stress zu unseren Überlebensmechanismen gehört, haben wir im ersten Teil erklärt. Dass wir heute mit der Stressreaktion anders umgehen müssen, haben wir allerdings auch erwähnt. Die Blockade im Kopf und den Extraschub an Leistung haben wir im zweiten Teil erläutert. Nun geht es darum, wie wir den Stressoren und dem Reaktionsmechanismus entgegentreten können, um kognitiv und physisch mit den Herausforderungen gewinnbringend umgehen zu können. Das Schlüsselwort heisst dabei Stressregulation.  


Welche Auswirkungen hat Stress auf unsere Leistung?

Stress kann sowohl positive, als auch negative Auswirkungen auf unsere Leistungsfähigkeit haben. Dabei spielt die Stärke des wahrgenommenen Stresses eine entscheidende Rolle. 

  • Moderater Stress kann unsere Konzentration und unsere Merkfähigkeit steigern. Wir fühlen uns gefordert und nicht überfordert. Nehmen wir die Voraussetzungen so wahr, dann sprechen wir von Eustress. 
  • Zu viel oder zu starker Stress hingegen erschwert oder verunmöglicht das Abrufen von gespeicherten Informationen. 

Fazit: Ein Stresslevel das fordert, aber nicht überfordert wirkt sich positiv auf unserer Leistungsfähigkeit aus. Deshalb sollten wir in potentiell bedrohlichen Situationen unserer Ressourcen analysieren, diese wahrnehmen und damit unsere Chancen realistisch einschätzen. Das hilft, die Stressoren nicht als Katastrophe wahrzunehmen und erhöht die Chance, dass wir statt zu starken Stress «nur» eine moderate, aber herausfordernde Ausgangslage wahrnehmen. 

Das heisst in der Praxis, dass wir uns in der Vorbereitung auf wichtige Ereignisse nicht verunsichern lassen sollten durch die Wahrnehmung von Druck oder Erwartungen. Im Gegenteil, wir sollten dieses Gefühl nutzen im Bewusstsein, dass dieser Leistungsdruck durchaus einen positiven Einflusses haben kann. In der Leistungssituation selbst ist hingegen darauf zu achten, dass wir den gefühlten Stresspegel tief halten können. Wie wir wissen fühlt eine zu starke Erregung des Nervensystems zu einem überstrapazierten Stresslevel, der unsere Denkleistung negativ beeinflussen kann. Mehr dazu findest du im Text zu den drei Stockwerken des Gehirns.


Wie kann ich Stress regulieren?

Die ursprüngliche Reaktion (Kampf, Flucht oder Erstarren) auf eine Stresssituation führte zu intensiver körperlicher Aktivität, welche eine wichtige Rolle bei der Stressregulation spielt.  

  • Bewegung ist der beste Weg um die Stresshormone abzubauen. Deshalb hat Sporttreiben nicht nur einen positiven Effekt auf unsere Physis, sondern auch auf die Psyche. Es geht aber nicht nur um den Abbau der Stresshormone, denn durch körperliche Aktivität werden auch die Glückshormone ausgeschüttet. Endorphin, Dopamin und Serotonin steigern das Wohlbefinden zusätzlich. Bereits 20 Minuten lockeres Jogging reichen aus, um unser Dopaminspiegel deutlich zu steigern. Diese Glückshormone verbleiben auch nach dem Sport noch eine Zeit lang in unserem Körper und verursachen das euphorische Gefühl nach dem Training. Abgesehen vom Hormonspiegel führt Sport auch dazu, dass wir uns mental und physisch von den Stressoren lösen können. 
  • Für das Loslösen von den Stressoren sind insbesondere die so genannten «green exercises» im Interesse der Forschung. Diese Aktivitäten, die in der Natur stattfindet, weisen aufgrund der Aktivität eine vermindernde Wirkung auf die Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin auf. Zusätzlich wird aktuell untersucht, ob verstärkende positive Effekte auftreten durch die frische Luft, eine andere Umgebung und die Konzentration auf die Aussenwelt. Die Forschung ist hier allerdings noch jung und die verstärkenden Effekte für das psychologische Loslösen müssen noch besser untersucht werden. Erste Ergebnisse und persönliche Erfahrungen legen aber nahe, dass es sich lohnt die Aktivität nach draussen zu legen. Insbesondere dann, wenn der berufliche Alltag im (Home-)Office stattfindet. 
Green exercises
  • Entspannungsübungen zur Stressregulation sind für alle jene genau richtig, die es lieber etwas gemütlicher haben. Ein Beispiel für eine solche Entspannungsübung ist die progressive Muskelrelaxation, kurz PMR. Dabei handelt es sich um eine Entspannungsmethode, bei welcher verschiedene Muskelgruppen zuerst für einige Sekunden maximal angespannt werden, um sie danach bewusst entspannen zu können. Mit dieser Übung kann Stress und Überforderung nachweislich reduziert werden.  
  • Das Führen eines Stresstagebuches ist eine weitere Möglichkeit zur Stressregulation. Dies hilft dabei, mögliche Stressoren zu erkennen, die eigene Reaktion darauf besser zu verstehen und die Wirksamkeit der angewendeten Methoden zur Regulation zu beurteilen.
     
  • Glücksmomente in Erinnerung rufen kann in einer stressigen Situation ebenfalls helfen die gefühlte Überforderung zu reduzieren. Sie bieten eine Insel der ruhe und schon nur die Gedanken an schöne Momente schütten Glückshormone aus.  

Wenn ihr das nächste Mal merkt, dass die Gedanken weniger klar werden und der Puls steigt, dann versucht es mit Bewegung, geht an die frische Luft, macht eine Entspannungsübung oder versetzt euch mit einer Gedankenreise zurück in den letzten Urlaub.  


Autorin: Alina Tamo

Quellenangaben

Corts, M. (2018). Die Amygdala. Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift, 13(08), 33.

Burch, C. (2021). Die Stressreaktion und ihre Auswirkungen. In Entspannungstechniken in der Physiotherapie (pp. 3-11). Springer, Berlin, Heidelberg.

Neumann, N. U., & Frasch, K. (2007). Die Bedeutung regelmäßiger körperlicher Aktivität für Gesundheit und Wohlbefinden. DMW-Deutsche Medizinische Wochenschrift132(45), 2387-2391.

Olafsdottir, G., Cloke, P., & Vögele, C. (2017). Place, green exercise and stress: An exploration of lived experience and restorative effects. Health & Place46, 358-365.

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