Stress – Kopf und Körper auf Alarmstufe rot! (Teil 2)

Im ersten Teil der Stressserie haben wir bereits eine kurze Erklärung geliefert, was Stress ist, wie unser Körper darauf reagiert und dass der Kopf dabei eine wichtige Rolle spielt. Auf die beiden letzten Aspekte gehen wir hier tiefer ein.


Die 3 Stockwerke des Gehirns 

Das Gehirn kann exemplarisch in drei Stockwerke eingeteilt werden: das Erdgeschoss, der erste und der oberste Stock.  

  • Im Erdgeschoss befindet sich das Stammhirn, welches überlebenswichtige Vorgänge im Körper automatisch reguliert. Dazu gehört beispielsweise die Atmung, der Herzschlag, die Verdauung oder das Hungergefühl. 
  • Im «ersten Stock» ist das limbische System mit der Amygdala. Hier werden eingehende Informationen emotional verarbeitet und die Gedächtnisbildung sowie das Lernen eingeleitet. Die Amygdala dient dabei der emotionalen Interpretation von eintreffenden Stimuli. Was uns emotional erregt, dringt hier durch. 
  • Im «obersten Stock» ist das Grosshirn angelegt, welches die geistigen Funktionen steuert. Hier findet das Denken, das Entscheiden und das Planen statt. Gespeicherte Informationen werden im Grosshirn abgelegt.  

Sind wir sehr starkem oder chronischem Stress ausgesetzt, wird dies vom limbischen System (erster Stock) wahrgenommen und als Bedrohung interpretiert. Das limbische System sendet den ursprünglich in uns verankerten Befehl von «Fight, Flight or Freeze» an das Stammhirn. Das Stammhirn ist allerdings mit der Verarbeitung der Situation überfordert, so dass die Befehle nicht ausgeführt werden können. Im Stammhirn führt die Stresswahrnehmung dazu, dass nur noch überlebenswichtige Funktionen aktiv sind. Diese Überforderung und der Fokus auf das Überlebenswichtige haben zur Folge, dass im limbischen System weitere negative Emotionen entstehen. Resultate davon sind beispielsweise das Gefühl von Hilfslosigkeit oder Katastrophisieren der Situation. Die Emotionen «überfluten» unseren ersten Stock des Gehirns und führen dazu, dass die Amygdala überreizt ist. Dadurch kann der oberste Stock, das Grosshirn, nicht mehr erreicht werden und die ach so notwendigen Denkprozesse finden nicht mehr oder nur ungenügend statt. Aus diesem Grund ist zum Beispiel rationales Handeln unter Stress nicht mehr möglich. Die Überreizung der Amygdala macht uns vergesslicher und affektiver. 


Stressreaktion und Hormonsystem

Nimmt das Gehirn Stress wahr, dann wird die Stressreaktion im Körper über zwei Achsen eingeleitet. 

  • Der schnelle und sofortige Aktivierungsweg läuft über das vegetative Nervensystem. Es führt durch die Aktivierung des «Sympathikus» zur Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Noradrenalin. Diese gelangen ins Blut und sorgen dafür, dass alle Prozesse für körperliche Leistungsfähigkeit in Gang gesetzt werden. Dieser Weg sorgt für eine sofortige Stressreaktion. Du kannst das wahrnehmen, wenn dein Gesicht zum Beispiel rot wird oder wenn du spürst, wie das Blut in deine Adern fliesst. Das ist gemeint mit sofortiger Alarmbereitschaft. 
  • Der langsamere Weg wird parallel eingeleitet und aktiviert den Hypothalamus. Diese Aktivierung führt zur Freisetzung von weiteren Hormonen, wie beispielsweise Cortisol. Das, was nun folgt ist quasi die zweite Garde der Stressreaktion. Je länger die Stressoren auf uns einwirken, umso mehr dominiert dieser Weg. Deshalb weisen Personen mit chronischem Stress erhöhte Cortisolwerte auf. 

Die Hormone des zweiten Weges wirken erst nach ungefähr 20 Minuten und führen im Normalfall zur Hemmung der Produktion weiterer Stresshormone. Auch hier führt langandauernder Stress allerdings dazu, dass dieser Kreislauf gestört wird und konstant Cortisol im Blut ist.

Die freigesetzten Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin versetzen unseren Körper in Alarmbereitschaft und zeigen unterschiedliche Wirkungsmechanismen. Allgemein führen sie aber dazu, dass wir uns auf Leistung ausrichten. Zu den zahlreichen Wirkungen der Stresshormone gehören beispielsweise eine erhöhte Energiebereitstellung, eine gesteigerte Atemfrequenz, höheren Blutdruck, eine vergrösserte Muskelspannung und ein tieferes Schmerzempfinden. 

Falls dir das alles noch zu wenig deutlich ist, dann studierst du am besten die Grafik oder schaust dir das Video zum Zusammenspiel von Hormon- und Nervensystem an.


Autorin: Alina Tamo

Quellenangaben

Corts, M. (2018). Die Amygdala. Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift, 13(08), 33.

Burch, C. (2021). Die Stressreaktion und ihre Auswirkungen. In Entspannungstechniken in der Physiotherapie (pp. 3-11). Springer, Berlin, Heidelberg.

Neumann, N. U., & Frasch, K. (2007). Die Bedeutung regelmäßiger körperlicher Aktivität für Gesundheit und Wohlbefinden. DMW-Deutsche Medizinische Wochenschrift132(45), 2387-2391.

Olafsdottir, G., Cloke, P., & Vögele, C. (2017). Place, green exercise and stress: An exploration of lived experience and restorative effects. Health & Place46, 358-365.

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