Sport und Stimmung – macht Sport wirklich glücklich?

Sport und Stimmung

«Sport ist gesund», «Sport macht glücklich» und «Sport ist Mord» – alles Aussagen, die wir immer wieder hören. Die einen machen fanatisch und motiviert Sport und können sich ihr Leben ohne ihre täglichen Trainingseinheiten nicht vorstellen. Andere finden jeden Meter, den sie laufen müssen, überflüssig und jeden Treppentritt zu anstrengend. Und wieder andere würden eigentlich gerne etwas für sich, ihren Körper und ihre Gesundheit tun, können sich aber nicht überwinden. Oft fehlt die Zeit oder die Lust, nach einem stressigen und nervenaufreibenden Arbeitstag noch die Sportkleider anzuziehen und ins Training zu gehen. Aber vielleicht wäre genau das das Richtige, um abschalten und seine Stimmungslage heben zu können.

Denn dem Sport wird meist eine positive Wirkung auf die Psyche nachgesagt (The Magazine by foodspring, 2015, 18. November). Oft sprechen Sportler, und damit sind nicht zwingend Spitzensportler gemeint, davon, dass sie sich während oder nach einem Training frei fühlen. Sie haben Zeit, ihre Gedanken zu sortieren, weg vom Alltag zu kommen und abzuschalten. Solche Gefühlszustände werden auch als Flow oder Runner’s High bezeichnet, wobei das Runner’s High eher bei hohen Intensitäten und überraschend eintritt. Der Flow hingegen macht sich bei einer optimalen Belastung langsam bemerkbar. Es wird davon ausgegangen, dass diese Zustände durch die Ausschüttung von Endorphinen im Hirn hervorgerufen werden und eine ähnliche Wirkung wie Opiate wie etwa Morphin haben (Boecker et al., 2008; Kent, n.d.; Sachs, 2014).

Abschalten in stressigen Zeiten

Phänomene, die Menschen abschalten lassen in einer Zeit, in der sie ansonsten unter Druck und Stress stehen – Dieses Thema ist deshalb so relevant für die Gesellschaft, weil die Menschen heute immer mehr Stress im Alltag ausgesetzt sind (Kramer, 2015). Sie leiden etwa unter hohem Leistungsdruck, haben viel zu erledigen oder fühlen sich überfordert, was zu einer negativen Stimmung führen kann. Durch dieses negative Gefühl sind Personen oft auch weniger motiviert, etwas zu unternehmen; sei dies Freunde zu treffen, spazieren zu gehen oder im Sportverein aktiv zu werden. Gerade Aktivitäten, die stimmungsaufhellend wirken würden, werden also vernachlässigt!

Hinzu kommt, dass sich die Gesellschaft heute immer weniger bewegt und dafür immer länger vor elektronischen Geräten sitzt, bei der Arbeit oder auch in der Freizeit (Langemak, 2013). Dieses verringerte Aktivitätsmuster kann schwerwiegende Folgen haben. So treten heute vermehrt Krankheiten auf, die auf den heutigen Lebensstil zurückzuführen sind (Lohmann-Haislah, 2012). Diabetes Typ 2 und Adipositas sind nur zwei solcher Erkrankungen, die durch Bewegungsmangel und zusätzlich unausgewogene Ernährung entstehen können (Knoll, 2014). Menschen, die im Alltag so unter Zeitdruck stehen, dass sie keine Zeit haben (oder sich keine Zeit nehmen) um etwas „Ordentliches“ zu essen, weichen stattdessen auf Fastfood aus (Wagner, 2017), welcher oft eine ungesunde Alternative darstellt.

Warum macht Sport glücklich?

Doch nun fragt man sich, wieso kann sich Sport überhaupt auf die Stimmung auswirken? Denn eigentlich stellt Sport eine physische Betätigung dar, die nicht direkt mit der Psyche zu tun hat. Es finden sich verschiedenste Ansätze, welche die Wirkung von Sport auf die die Psyche zu erklären versuchen.

Diese Mechanismen können in psychologische und physiologische Mechanismen unterteilt werden, wie etwa im folgenden Schema dargestellt:

Erklärung positive Einflüsse von Sport auf Glück

Die Erklärungsansätze sind vielfältig. In diesem Beitrag soll jedoch nur auf die Endorphinhypothese sowie die Ablenkungs- und Selbstwirksamkeitstheorie eingegangen werden.
Endorphine sind körpereigene Opiate (also opiumähnliche Stoffe wie etwa Morphium) und werden in der Adenohypophyse im Hirn produziert. Ihre Produktion wird zum Beispiel durch Stress sowie durch Sport veranlasst (Mohammadi-Nezhad, 2011; Morgan, 1985). Endorphine können Schmerzen abbauen und euphorische Gefühle verstärken. Durch diese Wirkungsweise entstand die Endorphinhypothese, welche oft zur Erklärung von Effekten von sportlicher Aktivität auf die Stimmung herangezogen wird. Studien konnten die erhöhte Endorphinausschüttung beim Sport bestätigen, jedoch ist nicht bestätigt, ob dies ausreicht, um die Stimmung zu erhöhen (Paluska & Schwenk, 2000).

Sport als Ablenkung

Die Ablenkungstheorie geht davon aus, dass während der Aktivität eine Abwechslung zu den negativ beeinflussenden Stimuli stattfindet. Dadurch können diese vergessen oder mindestens für den Moment vergessen werden. Ihr Einfluss auf die Stimmung verringert sich dadurch, was somit zu einer verbesserten Stimmungslage führt (North, McCullagh & Tran, 1990; Paluska & Schwenk, 2000; Peluso & Guerra de Andrade, 2005). Diese Annahme wurde aufgrund von ähnlichen Effekten und Mechanismen von Meditation und aufweckender Aktivität getroffen (Paluska & Schwenk, 2000). In verschiedenen Reviews wurde die Ablenkungstheorie als Hauptmechanismus von positiven Sporterlebnissen untersucht und zeigten auf, dass Ablenkung einen Teil der positiven, antidepressiven Effekte von Sport auf die Stimmung erklärt (Paluska & Schwenk, 2000).

Sport und Selbstwirksamkeit

Die Selbstwirksamkeitstheorie ist eine kognitiv-behavioristische Theorie von Bandura (1977). Sie stützt sich somit auf die Grundidee, dass man eine positive Veränderung im psychologischen Wohlbefinden erleben kann, wenn man zum Beispiel eine schwierige Aufgabe erledigt, erhöhte Selbstwirksamkeit erfährt, Erfolgsgefühle erlebt oder interne Kontrollüberzeugungen bestätigt. Kann also jemand eine für ihn schwierige Aufgabe erfüllen, steigert sich etwa sein psychisches Wohlbefinden. Diese positive Veränderung beeinflusst wiederum das Selbstvertrauen, die Selbstwirksamkeit und das Lösen von persönlichen Problemen. Unter Selbstwirksamkeit versteht man dabei die eigene Überzeugung, dass man die Fähigkeit besitzt bestimmte Aufgaben oder Ziele zu erreichen. Auf den Sport übertragen kann dies bedeuten, dass bisher unregelmässig Sporttreibende es als schwierig erachten, regelmässig sportlich aktiv zu sein. Betreibt dann jemand doch regelmässig Sport, so kann sich dies positiv auf seine Einstellung auswirken (Bandura, 1977; Paluska & Schwenk, 2000). Studien bestätigen, dass die Selbstwirksamkeit stark mit dem momentanen Aktivitätsniveau zusammenhängt. Auch andere Studien bestätigten, dass das Angehen, Beibehalten und Weiterführen moderater oder anstrengenderer Aktivitäten bereits durch die anfängliche Selbstwirksamkeit vorhergesagt werden können (Sallis et al., 1986). Je mehr man also an seinen eigenen Durchhaltewillen und Fähigkeiten glaubt, desto eher erreicht man seine Ziele auch.

Macht Sport wirklich glücklich? – Studien und ihre begrenzte Vergleichbarkeit

Positive Effekte sportlicher Tätigkeiten auf die Psyche wurden in diversen Studien nachgewiesen. In einer Untersuchung von Frazier und Nagy (1989) etwa wurde die Gemütslage von Teilnehmerinnen eines Aerobic-Kurses untersucht. Die Teilnehmer profitierten nachweislich von den positiven Auswirkungen des Sports auf die eigene Stimmung. Trotzdem gibt es auch Untersuchungen, die keinen signifikanten Effekt entdeckten (Frazier & Nagy, 1989; Stanton & Arroll, 1996). Dies kann zu einem grossen Teil an methodischen Unterschieden im Studienaufbau liegen. Dennoch gibt es auch Studien, welche keine positiven Effekte empirisch nachweisen können. Dies kann jedoch auch am Studienaufbau oder der Vorgehensweise des Studienleiters liegen.

Wie funktionieren Studien?

Denn generell arbeiten gut aufgebaute wissenschaftliche Studien mit mindestens einer Experimentiergruppe und einer Kontrollgruppe. Die Experimentiergruppe wird dabei dem zu untersuchenden Stimulus ausgesetzt (etwa Stress durch Schlafentzug oder ähnliches, Medikamente in verschiedenen Dosen oder eben eine vorgegebene sportliche Betätigung). Die Kontrollgruppe im Gegenzug wird möglichst denselben Bedingungen ausgesetzt wie die Experimentiergruppe. Der Effekt der beiden „Behandlungen“ wird anhand derselben Messwerte (etwa einem Fragebogen zur Stimmungslage) bestimmt.

Auf Sportstudien bezogen muss vor allem folgende Überlegung miteinbezogen werden: Für die Studienteilnehmer der Kontrollgruppe macht es möglicherweise einen Unterschied, ob sie in der Zeit der Intervention (in der die Experimentiergruppe etwa auf dem Laufband läuft) ruhig auf einem Stuhl auf dem Laufband sitzen (Cox et al., 2004), eine Vorlesung hören (Berger & Owen, 1992) oder ein Spiel spielen (Anderson & Brice, 2011). Ist eine Beschäftigung für die Kontrollgruppe spannend und unterhaltend, wird ihre Stimmung dadurch möglicherweise verbessert und so werden auch in der Kontrollgruppe positive Effekte auf die Stimmung ausgelöst. Daher gilt Vorsicht beim Vergleich zwischen Kontroll- und Experimentiergruppe sowie zwischen den verschiedenen Ergebnissen ebendieser Vergleiche.

Welcher Sport macht mich glücklich?

Die generelle Studienlage zeigt, dass sportliche Aktivität eine positive Wirkung auf das psychische wie auch physische Wohlbefinden hat und uns positive Sporterlebnisse in unserer Selbstwirksamkeit stärken können. Welche Sportart dich persönlich stärkt, herausfordert oder „zu einem glücklicheren“ Menschen macht, weisst du vielleicht bereits.

Oder du findest es am besten selbst heraus, indem du dich von uns beraten lässt, eines unserer Trainings besuchst, mit uns in die Fitnessferien fährst oder einfach mal etwas Neues ausprobierst. Denn auch Abwechslung und wechselnde Herausforderung tragen zu einem gesteigerten Wohlbefinden bei!

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